STADTHÜGEL - EIN MITTEL ZUR
WIEDERBELEBUNG DER GROSSEN
STÄDTE:
(Durch Verbesserung ihrer
Wohnqualität)
Telekommunikationstechnologie
macht Wohnen und Arbeiten an
jedem Punkt der Erde möglich.
Damit, könnte man meinen, hat
die Stadt als urbane Lebensform
ausgedient. Wir brauchen sie
nicht mehr, also reissen wir sie
ab? Und setzen an deren Stelle
das "Global Village"? Wir
müssten uns dann nur noch
darüber klar werden, was wir
darunter verstehen. Die Frage
ist an sich nicht neu, sie
geistert seit Marshal McLuhanës
Weltbildideologie durch die
Köpfe von Planern und
Architekten.
Ich will versuchen, Antworten zu
geben und stelle einen Beitrag
zur Diskussion.
Das Überleben der modernen
Massengesellschaft wird sich in
den großen Städten entscheiden.
Hier potentzieren sich die
Probleme des Zusammenlebens von
vielen Menschen auf engem Raum.
"Der soziale Körper lebt in den
Siedlungen, in den verdichteten
Lebensräumen der Städte. Wenn
diese Lebensräume zerfallen,
zerfällt auch die Gesellschaft,
sie löst sich auf in eine blosse
Addition von lauter egoistischen
Individuen, die als
Schrebergärtner ihr eigenes
Elend züchten", sagt Bazon
Brock.
In der Schweiz wohnen bald 70%
der Bevölkerung in einer Stadt
oder städtischen
Agglomerationen, die zudem für
einen Großteil der
Gesamtbevölkerung Arbeitsort
sind. In der Stadt begegnen sich
die städtische und die ländliche
Gesellschaft, Inländer und
Ausländer, Ortsansässige und
Touristen. Die Stadt ist der
Ort, wo hochentwickelte Formen
des menschlichen Zusammenlebens
stattfinden und die intensivste
Nutzung und höchste
Leistungsbilanz der
Volkswirtschaft resultieren. Die
Stadt als Idee und Heimat ist in
der heutigen Form jedoch in
Frage gestellt.
Was wir machen können, um die
Stadt als einst grösste
Erfindung der Menschen über die
Runden zu bringen, sind nicht
neue, bessere Städte als Ganzes,
sondern eine wirkungsvolle
Regeneration des Bestehenden.
Dazu soll ein Beitrag geleistet
werden.
Ich gehe von fünf Argumenten
aus:
ARGUMENT 1
Abbildung 1a, New York
Vogelschau
Abbildung 1b, München Altstadt
Stadtgeschichte ist
Gesellschaftsgeschichte.
Gesellschaftsentwicklungen gehen
jedoch schneller voran als
Stadtentwicklungen. Daraus
ergeben sich Konflikte.
Stadtstrukturen, die nicht mehr
zur Gesellschaft passen und
deren Bedürfnisse nicht mehr
befriedigen können, sind ein
Unding. Wir benötigen neue
Denkmodelle, die aufzeigen, wie
man vorgehen könnte bei der
qualitativen Sanierung
untauglich gewordener Wohn- und
Arbeitsplatzgebiete in der
Stadt.
Zwei Beispiele mögen darauf
hinweisen: Die
Freizeitgesellschaft ist im
Anzug. Der postindustrielle
Mensch verbringt immer mehr
befreite Zeit in seiner eigenen
Wohnung, die dazu nicht geeignet
ist, weil sie zu wenig
Freizeitqualität hat. Kommt
hinzu, dass zunehmend
Arbeitsgewohnheiten mit
Wohngewohnheiten kombiniert
werden können, so dass in
Zukunft eine Menge des
zeitraubenden Hin- und
Herpendelns zwischen den Wohn-
und Arbeitsplatzgebieten
wegfallen dürfte;
oder:
Dienstleistungen in der Stadt
werden übergewichtigt; der
Begriff "Servicestadt" ist nicht
neu, er gewinnt jedoch immer
mehr an Bedeutung. Darauf sollte
man eingehen. Die Verteiler von
Kultur und Ware kommen immer
näher zu den Konsumenten und
Verbrauchern. Die heutigen
unwirtschaftlichen Trennsysteme
mit den langen Transportwegen
sind nicht mehr zeitkonform.
ARGUMENT 2
Abbildung 2a, Zweidimensionale
Stadt/Skizze
Abbildung, 2b, Leistungen des
Stadthügels/Skizze
Stadtqualität entsteht aus der
Häufigkeit und Intensität der
menschlichen Begegnungen, aus
der Vielfalt der Lebensformen
und aus der Überschneidung
verschiedenartiger Nutzungen.
Diese Komplexität, die in der
Stadt als lebendiger Tag- und
Nachtorganismus zu erfahren ist,
muss zurückgewonnen werden. Da
wir dies nicht für ganze Städte
auf einmal tun können, sollen
geschädigte Quatiere punktuell
reanimiert werden. Dazu dienen
integrierte urbano-soziale
Makrostrukturen. Von ihnen
können Impulse ausgehen und
vielleicht auch eine veränderte
Auffassung vom Städtebau.
Mischquatiere mit Wohn-,
Arbeits- und Freizeitqualität
sind gefragt. Private und
öffentliche Einrichtungen müssen
zusammenkommen, dürfen sich aber
gegenseitig nicht stören. Wenn
diese Hauptforderung mit
konventionellen Mitteln nicht
erfüllt werden kann, dann müssen
Erfindungen her, die das sich
gegenseitig blockierte System
von Bauzeilen nebeneinander
durch eine Schichtung
übereinander ersetzt.
Reinhard Sennet sagt in seinem
Buch CIVITAS: "Der Planer einer
modernen, humanen Stadt müsste
die Unterschiede
übereinanderschichten, statt sie
zu segmentieren. Aus der
Überlagerung ergeben sich
komplexe, offene Grenzen. Offene
Grenzen schaffen Räume der
Preisgabe an den Unterschied, an
das Anderssein". Wir wollen eine
neue Durchlässigkeit in der
Stadt!
ARGUMENT 3
Abbildung 3a, Das Gesetz der
Drei
Abbildung 3b, Prozession in der
Stadt
Die Weltbeziehungen des Menschen
ist räumlich und
raumerschließend, sagt Martin
Heidegger in seinem Aufsatz über
Bauen-Wohnen-Denken. Der Mensch
erlebt Räume wesenhaft, indem er
die transrationale Wirklichkeit
mit der materiellen verbindet.
An der Herstellung dieser
Wirklichkeit ist die Stadt und
ihre Architektur beteilitgt.
Stadträume haben ihre Qualität
als "Wohnstube" der Gemeinschaft
verloren. Sie bieten den
Bewohnern zu wenig Geborgenheit.
Weil in den Quartieren die
nötige soziale Kontrolle fehlt,
sind die öffentlichen Räume zu
Orten der Gefahr geworden.
Bedrohtes Leben in der
Öffentlichkeit kommt von der
falschen Stadtplanung, die es
nicht mehr schafft,
Gemeinschaftsräume so zu
organisieren, daß diese uns an
Leib und Seele gesund erhalten.
Wir sollten nicht vergessen:
Städtebau ist eine
anthropologische Disziplin und
damit eine Dienstleistung am
ganzen Menschen!
Der Raum, mit dem wir bei der
Stadtplanung umgehen, dient den
Menschen für seine praktischen
Bedürfnisse. Das ist seine
Zweckfunktion. Dieser Raum muß
aber auch Bereitschaft erzeugen
und seinen eigenen Gebrauch
motivieren durch das
Erscheinungsbild. Das ist eine
Gestaltungsfunktion. Zur vollen
Dienstschaft des Raumes in der
Stadt gehört letztlich die
Eignung als
Transformationsstätte
metaphysischer Beziehung. Das
ist seine geistige Funktion.
Wir brauchen den Stadtraum
demnach in einer dreifachen
Funktion:
-
als zweckdienliches Behältnis
(der praktische Gebrauch steht
im Vordergrund)
-
als sinnliches Medium (die
Welt der Empfindungen und
Emotionen steht im
Vordergrund)
-
als Manifestation des Geistes
(Stadtstrukturen vermitteln
Sinn und Bedeutung)
Das ist das "Gesetz der Drei" in
der Architektur:
Wir benötigen die Stadt als
Animierraum der Gemeinschaft.
Animation heißt Auffüllen eines
Gefühlsdefizits. Animierräume
wecken Lust und regen an.
Animierarchitektur aktiviert die
soziale Bereitschft und
unterstützt das Dabeisein, das
Mitmachen. Motivierende
Stadträume erzeugen auch
Anhänglichkeit; Anhänglichkeit
als Gegenmittel gegen die
Entwurzelung der Bewohner, die
unter dem
Gleichgültigkeitscharakter ihres
objektivierten Wohnumfeldes
leiden. Wenn solche
Anhänglichkeit der Bewohner an
ihr Wohnquatier entsteht, ist
dies ein
gesamtgesellschaftlicher Nutzen.
ARGUMENT 4
Abbildung 4a,
Blockrandüberbauung
Abbildung 4b, Stadthügelgruppe
Eines der Hauptargumente für
einen gesunderhaltenden
Städtebau ist die Herstellung
von Identität. Der Begriff der
Identität wird in der
Anthropologie und in der
Gestaltpsychologie behandelt.
Man bezeichnet damit die innere
Bindung an ein Objekt und das
Trachten des Menschen nach
Übereinstimmung mit diesem
Objekt, verbunden mit dem Ziel,
sich in der Objektwelt selbst
wiederzufinden. Die Psychologie
definiert Identität als
mehrstufiges Phänomen. Uns
interessiern zwei Formen,
nämlich die "Ich -Identität" und
die "Gruppenidentität", die sich
beide als Übereinstimmung bei
den Mensch-Raumsituationen in
der Stadt einstellen. Die
Vertrautheit mit dem gebauten
Raum für den Einzelnen oder die
Gruppe ist eine entscheidende
Lebensqualität. Eine wesentliche
Voraussetzung dafür ist die
Schaffung von
Unverwechselbarkeit: Wir müssen
die "Kultur des Unterschieds" (Sennet)
besser pflegen.
Bei der Ich-Findung am Objekt
spielt die zulässige Anzahl
gleichartiger (nicht
gleichförmiger) Elemente eine
Rolle. Organisationsstrukturen
haben die Eigenschaft, daß sie
die Objektivierung fördern und
damit die Eintönigkeit
unterstützen. Repetition und
stetige Wiederholung als
Gestaltungsprinzip führen zum
Verlust an Orientierung. Unsere
modernen großen Städte sind
vielerorts orientierungslos
geworden. Es fehlt ihnen an
sinnlich wahrnehmbaren
Bezugspunkten, an denen jeder
"seinen" Platz verorten kann.
Solche Bezugspunkte müssen
jedoch eindeutig genug sein, um
genügend "Unterschied" zu
manifestieren, im Materiellen
wie im Geistigen.
Im Zusammenhang mit der
Ich-Findung am Objekt spricht
man neuerdings auch von einer
Demokratisierung der Funktionen
und Aktivitäten in der Stadt.
Dieses sozialpolitische Postulat
ist attraktiv. Man will keine
Monokulturen von Mächtigen und
Großen, die die Kleinen und
Schwächeren verdrängen, eine
Entmischung also, die auf Kosten
der Vielfalt und des komplexen
Erlebniswertes der Städte geht.
Voraussetzung ist, daß man bei
der kommerziellen Verwertung des
urbanen Lebensraumes ein System
findet, bei dem eine andere
Verteilung von Kosten und Nutzen
resultiert, so daß es alle
gleichmässiger trifft. Die
Raumstadt mit ihrer Schichtung
übereinander eignet sich dazu.
ARGUMENT 5
Abbildung 5a, Hongkong Städtbild
Abbildung 5b, Mereta/Berlin
Große Städte werden immer zum
Niemandsland von vielen Leuten
auf engem Raum. Der Einzelne
verliert sich in der Anonymität
der Masse. Das Wohnen ist zur
gleichgeschalteten Unterbringung
geworden, in Blöcken und
Stadtquartiere, die austauschbar
scheinen. Sollten wir bei den
Stadtstrukturen für den Einzlnen
und die Gruppe nicht dafür
sorgen, daß wieder mehr
Erinnnerungswerte entstehen?
Erinnerung ist eine geistige
Qualität; es entstehen durch sie
Heimatgefühle. Die Stadt müßte
eine Heimat ihrer Bewohner sein.
Richard Sennet sagt: "Die
Entwicklung des Menschen
bedeutet vor allem Entwicklung
der Fähigkeit, zunehmend
komplexere Erfahrungen zu
machen. Sofern die Erfahrung der
Komplexität in einer bestimmten
Umwelt ihren Wert verliert, sind
wir spirituell gefährdet".
Wir dürfen das Bild der Stadt
nicht von der Natur entfernen.
Die Erlebnisdichte wird dadurch
geschmälert, und es resultieren
mentale Schäden bei den
Menschen. Planungs- und
Bausysteme werden mit Vorteil
der Natur abgeschaut. Je eher
sie sich den biokybernetischen
Grundsätzen nähern, desto mehr
Affinität gibt es zum Menschen
und seinen Bedürfnissen. Es
werden heute gedankliche und
strukturelle Anleihen bei den
Natursystemen gemacht, um zu
optimalen Bauleistungen in der
Technik zu gelangen, wie zum
Beispiel das Gleichgewicht
zwischen Stabilität und
Wachstum, das
Mehrfachnutzungsprinzip, das
Recyclingprinzip, das
Symbioseprinzip, das
Ökonomieprinzip. Solche und
ähnliche Überlegungen müßten
auch die Kreation von
Stadtstrukturen beflügeln, so
daß diese trotz der Verwendung
von vielen gleichartigen
Elementen nicht eintönig
erscheinen oder, wie bei den
Symmetrien, zur abstrakten
Repetition führen. Nach Meinung
des Architekturkritikers Bruno
Zevi ist eine solche Repetition
inhuman und grundsätzlich
repressiv.
STADTHÜGEL
Abbildung 6, Titel
Der Stadthügel ist ein
dreidimensionales urbanes
Integrationssystem. Er kann zur
Bildung neuer Städte oder zur
Sanierung von bestehenden
Städten verwendet werden. Als
Implantat wird er in
gesellschaftlich oder funktional
unterversorgte Quatiere
eingepflanzt.
Abbildung 7a, Stadthügelschnitt
Abbildung 7b, Stadthügelgruppe
Das Konzept des Stadthügels
verwicklicht bei hoher
Bewohnerdichte außergewöhnliche
Wohnwerte. Gleichzeitig wird
räumliche Geborgenheit für die
Gemeinschaft geboten. Die
Lebensbereiche der Privatheit
(das Wohnen) und der
Öffentlichkeit (die
Dienstleistungen, Unterhaltung
und Einrichtungen der Freizeit)
liegen nicht mehr weit
nebeneinander, sondern direkt
übereinander; sie stören sich
gegenseitig nicht.
Die nach oben abgetreppte
Hügelstruktur mit den
bewachsenen Terrassen und
Wintergärten vor den Wohnungen
weisen trotz Stadtnähe Vorteile
des Einfamilienhauses im Grünen
auf. Diese Hügelstruktur bildet
eine schützende Überdachung des
darunter liegenden Stadtraumes,
der keinen Witterungseinflüssen
ausgesetzt ist und darum mit
wenig Aufwand ganzjährig
betrieben werden kann. Es
mindern sich die Kosten für den
Unterhalt der Stadt.
Der Stadthügel ist ökonomisch,
weil er das Bauland doppelt
nutzt. In der Sockelzone, die
für jedermann zugänglich ist,
werden Bedürfnisse des ganzen
Quartiers befriedigt: Shopping,
Gastronomie, Gesundheitspark,
Museum, Kinocenter, Schule. Die
Sockelzone bildet den zweiten
Nutzungskomplex; ihn belastet
die andere Hälfte der
Landkosten. Kalkulationen haben
ergeben, daß damit preisgünstige
Wohnungen mitten in der Stadt
entstehen können.
Die Wohnungen beim Stadthügel
haben viel Licht und Sonne; sie
sind zudem lärmabgewandt.
Zwischen den Stadthügeln können
Grossbiotope angelegt werden.
Raumgrün und Flächengrün kommen
zusammen; Stadtlandschaft und
Naturlandschft sind nicht mehr
gegensätzlich. Der Stadthügel
ist gleichzeitig sein eigenes
Markenzeichen: Eine Urform der
Natur. Stadthügel erscheinen
auch niedriger als sie wirklich
sind.
Der Stadtraum, der sein Licht
von oben bezieht und damit
kosmische Bedeutung gewinnt,
erfüllt die emotionalen
Bedürfnisse der Bewohner nach
Erlebnisdichte: Teilnahme,
Begegnung, Sehen und Gesehen
werden stehen im Vordergrund.
Das Raumkonzept sorgt für ein
erhöhtes WIR-Gefühl der
Bewohner.
Die Einrichtungen im Stadtraum
können billiger erstellt und
unterhalten werden, ähnlich
einem Messehallenprinzip, bei
dem die Nutzflächen in einfacher
Weise den geänderten Ansprüchen
angepasst werden können. Das
Haus-im Haus-Prinzip bietet
interessante Möglichkeiten der
Gestaltung und der Ökonomie.
Abbildung 8, Titel
FALLSTUDIE NEW YORK
Die Innenstadt von New York
kämpft um neuen, besseren
Lebensraum. Im Jahre 1987 wurde
hierzu ein internationaler
Wettbewerb veranstaltet, an dem
sich über 700 Architekten
beteiligten. Das Projekt PPP
wurde zusammen mit einigen
anderen Vorschlägen
selektioniert.
Abbildung 9a, Situation
Abbildung 9b, Massstabsvergleich
Die Einwohner von New York
entdecken einerseits die
Inselqualität von Manhattan mit
ihrer attraktiven Wasserfront
und suchen andererseits einen
Ausweg, um aus der gebauten
Stadt auszubrechen, ohne sie
jedoch verlassen zu müssen. Das
Ufer des HUDSON-River ist dazu
ausersehen, unter Beibehaltung
der für die Freizeit
aktivierten, für Schiffe nicht
mehr gebrauchten Piers, neuen
Wohn- und Kulturraum zu
schaffen. Es wurde ein
Stadthügel geplant, der frei
über zwei vorhandene Piers
gestellt wird. Die Uferlinie
wird beibehalten, und es
entsteht kein Riegel zwischen
Flussraum und Quarierraum
dahinter.
Hochhäuser haben sich für da
Wohnnen als untaugliche
Stadtbauform erwiesen. Es ist
medizinisch und
sozialpsychologisch belegt, daß
da vertikale Übereinanderwohnen
die Entwurzelung der Menschen
fördert. Der Mensch braucht den
Kontakt zur Erdbasis, um nicht
psychisch Schaden zu nehmen.
Beim Stadthügel als Urform der
Natur ist die Vertikale
ausgeschaltet.
Abbildung 10a, Schnitt
Abbildung 10b, Perspektive
Der Stadthügel am Hudsonriver
gibt dem Uferquartier eine
eigene Identität.
Die Makrostruktur stülpt sich
über den Flussraum und die
beiden darunterliegenden Piers,
ohne deren Nutzen und Bestand zu
beeinträchtigen. Außen wirkt der
Stadthügel wie ein aus dem
Wasser kommendes, besteigbares
Haus; innen und direkt unter den
Wohnungen bieten sich räumlich
attraktiv Servicebereiche und
Einrichtungen zur Unterhaltung
und Körperertüchtigung an.
Die Studie wir weiter getrieben.
Abbildung 11, Titel
FALLSTUDIE ZÜRICH
In Zürich gibt es mitten in der
Stadt brach liegende
Industrieflächen, die nicht mehr
oder nur mehr teilweise als
solche genutzt werden. Gleiche
Situationen trifft man in vielen
europäischen Städten an. Nun
gilt es, diese meist
infrastrukturell hoch
technisierten Gebiete umzuzonen
und einer neuen, sinnvollen
Nutzung zuzuführen.
Abbildung 12a, Örlikon
Situationsplan
Abbildung 12b, Örlikon Modell
Die Fallstudie Zürich zeigt
einen Weg auf, wie mit dem
Stadthügelkonzept als Leitidee
eine sinnvolle Reanimierung
möglich ist. Es werden punktuell
Mischgebiete für Wohnen,
Arbeiten, Dienstleistung, Kultur
und Freizeit implantiert, wobei
Altbestände nach Belieben
erhalten werden können. Bei
diesem Konzept wird nicht mehr
der Gegensatz zwischen Natur und
Bauten angestrebt, sondern deren
gegenseitige Integration.
Vorgeschlagen sind pyramidale
Makrostrukturen von 42 m Höhe
mit 14 Geschossen. Sie bilden
eine hügelige Landschaft;
dazwischen sind Flachbauten.
Durch räumliche Zuordnung werden
die Nutzflächen der Privatheit
und Öffentlichkeit hautnah
miteinander verbunden, ohne daß
gegenseitige Störungen
auftreten. Das Erscheinungsbild
zeigt Gruppenidentität.
Abbildung 13a, Computerisometrie
Abbildung 13b, Computerschnitt
Die Raumstadteinheiten werden
mit bis zu 30 000m2
Bruttogeschossen ausgerüstet,
wobei die Basis durchlässig
bleibt und diagonalkreuzweise
erschlossen wird. Der
Gebäudesockel, der organisch aus
dem begrünten Umfeld aufsteigt,
enthält Büros, Ateliers, stilles
Gewerbe sowie die Einrichtungen
der Freizeit und der
körperlichen Ertüchtigung.
Innen liegt der Stadtplatz, der
vielfältig genutzt werden kann.
Er ist überdacht durch die nach
oben aufsteigenden
Terrassenwohnungen, die man
durch Laubengänge erreicht. Man
kann sie als Zuschauergalerien
benützen für die Teilnahme an
Aktionen des öffentlichen
Lebens.
Abbildung 14a, Schnitt -
Grundriss
Abbildung 14b, Computerisometrie
Von den Laubengängen hat man
freie Sicht zum Stadtplatz
hinunter, auf dem sich, wie auf
einer Bühne, öffentliches Leben
abspielt.
Der Stadthügel impliziert einen
ökologischen Material- und
Energieeinsatz. Das gedeckte
Atrium wird durch natürlichen
Auftrieb be- und entlüftet. Mit
kontrolliertem Öffnen und
Schließen von Luftein- und
-auslässen kann man ein martimes
Klima erzielen, das dem
jährlichen Rhythmus des
Temeraturverlaufs wohl folgt,
aber dennoch zum Aufenthalt im
"Freien", das heißt im
städtischen Raum ganzjährig
einlädt. Die abgeschwächten
Temperaturschwankungen im
Inneren des Stadthügels erlauben
es, hier auf normale
Fassadenkonstruktionen zu
verzichten. Nur die äussere,
kompakte Hülle der Makrostruktur
muß gegen Witterung und
Wärmeverlust geschützt werden.
Die Wintergärten vor den
Wohnungen dienen hierbei als
Klimapuffer.
Die Raumstadteinheiten haben
eine hohe Ausnützung (2,5 bis
3,0). Trotzdem wird ein
klotziger Eindruck vermieden.
Zwischen den pyramidalen Bauten
öffnet sich ein Raum zum Himmel.
Der große Naturflächenanteil der
bepflanzten Terrassen, verbunden
mit den talartig zwischen die
Makrostruktur eingebetteten
Grünflächen ermöglicht die
Entstehung eines gesunden
Mikroklimas.
Abbildung 15a,
Stadthügelimplantat
Abbildung 15b,
Stadthügelzeichnung CH ´91 Idee
ZUSAMMENFASSUNG
Der Stadthügel kombiniert die
Vorteile des Einfamilienhauses
im Grünen mit Stadtqualität.
Privatheit und Öffentlichkeit
sind nicht mehr weitläufig
nebeneinander angeordnet,
sondern direkt übereinander.
Unnötige Pendlerströme können
vermieden werden.
Mit dem Stadthügel werden
städtische Erlebnisräume
zurückgenommen. Sie animieren
zum Dabeisein und schaffen ein
neues Zusammengehörigkeitsgefühl
der Bewohner.
Der Stadthügel ist eine
ökologische Makrostruktur. Er
läßt sich einfach bauen und kann
vorgegebenen Altbeständen
angepasst werden.
Der Stadthügel versteht sich als
Implantat, mit dem man
unterversorgte Quartiere
nachrüsten kann. Bestehende
Städte können qualitativ
verbessert und gleichzeitig dort
verdichtet werden, wo es gerade
am nötigsten ist.
Abbildung 16a, Turmbau zu Babel
Abbildung 16b, Erkenntnis der
Sphären, 1530
Stadthügel symbolisieren eine
Urform der Natur. Sie stellen
sich gegen den schon von Lewis
Mumford kritisierten
"technologischen
Exhibitionismus" der üblichen
Hochhäuser.
In höherem Sinne assoziieren
Stadthügel Erst-Akte der
Menschheit, bei denen pyramidale
Formen die Sonnenstrahlen vom
Brennpunkt in die Ebene
hinunterleiten; sie
funktionieren als Mittler
zwischen Himmel und Erde.
Der Umweltgipfel in Rio de
Janeiro, wo das
Stadthügelkonzept vorgestellt
wurde, hat das Bewußtsein auch
für das Überleben in den großen
Städten geweckt. Es hat Mut
gemacht zum Aufbruch zu neuen
Denkweisen für das Bauen in der
Stadt. |