Global Village (die Konferenzen)
Global Village 1995
Global Village 1996
Global Village 1997
Global Village 1999

1999 waren wir beteiligt an der NGO Internet Fiesta und - in neuer Zusammensetzung - an "Global Village 99" Das geplante 4. internationale Global Village Symposium mußte leider abgesagt und auf unbestimmte Zeit vertagt werden.

 
Architektur und Stadtplanung
im Zeitalter der Telekommunikation
Technische Universität Wien
Juni 1993
   
STADTHÜGEL - EIN MITTEL ZUR WIEDERBELEBUNG DER GROSSEN STÄDTE:

(Durch Verbesserung ihrer Wohnqualität)

Telekommunikationstechnologie macht Wohnen und Arbeiten an jedem Punkt der Erde möglich. Damit, könnte man meinen, hat die Stadt als urbane Lebensform ausgedient. Wir brauchen sie nicht mehr, also reissen wir sie ab? Und setzen an deren Stelle das "Global Village"? Wir müssten uns dann nur noch darüber klar werden, was wir darunter verstehen. Die Frage ist an sich nicht neu, sie geistert seit Marshal McLuhanës Weltbildideologie durch die Köpfe von Planern und Architekten.

Ich will versuchen, Antworten zu geben und stelle einen Beitrag zur Diskussion.

Das Überleben der modernen Massengesellschaft wird sich in den großen Städten entscheiden. Hier potentzieren sich die Probleme des Zusammenlebens von vielen Menschen auf engem Raum. "Der soziale Körper lebt in den Siedlungen, in den verdichteten Lebensräumen der Städte. Wenn diese Lebensräume zerfallen, zerfällt auch die Gesellschaft, sie löst sich auf in eine blosse Addition von lauter egoistischen Individuen, die als Schrebergärtner ihr eigenes Elend züchten", sagt Bazon Brock.

In der Schweiz wohnen bald 70% der Bevölkerung in einer Stadt oder städtischen Agglomerationen, die zudem für einen Großteil der Gesamtbevölkerung Arbeitsort sind. In der Stadt begegnen sich die städtische und die ländliche Gesellschaft, Inländer und Ausländer, Ortsansässige und Touristen. Die Stadt ist der Ort, wo hochentwickelte Formen des menschlichen Zusammenlebens stattfinden und die intensivste Nutzung und höchste Leistungsbilanz der Volkswirtschaft resultieren. Die Stadt als Idee und Heimat ist in der heutigen Form jedoch in Frage gestellt.

Was wir machen können, um die Stadt als einst grösste Erfindung der Menschen über die Runden zu bringen, sind nicht neue, bessere Städte als Ganzes, sondern eine wirkungsvolle Regeneration des Bestehenden. Dazu soll ein Beitrag geleistet werden.

Ich gehe von fünf Argumenten aus:

ARGUMENT 1

Abbildung 1a, New York Vogelschau

Abbildung 1b, München Altstadt

Stadtgeschichte ist Gesellschaftsgeschichte. Gesellschaftsentwicklungen gehen jedoch schneller voran als Stadtentwicklungen. Daraus ergeben sich Konflikte. Stadtstrukturen, die nicht mehr zur Gesellschaft passen und deren Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können, sind ein Unding. Wir benötigen neue Denkmodelle, die aufzeigen, wie man vorgehen könnte bei der qualitativen Sanierung untauglich gewordener Wohn- und Arbeitsplatzgebiete in der Stadt.

Zwei Beispiele mögen darauf hinweisen: Die Freizeitgesellschaft ist im Anzug. Der postindustrielle Mensch verbringt immer mehr befreite Zeit in seiner eigenen Wohnung, die dazu nicht geeignet ist, weil sie zu wenig Freizeitqualität hat. Kommt hinzu, dass zunehmend Arbeitsgewohnheiten mit Wohngewohnheiten kombiniert werden können, so dass in Zukunft eine Menge des zeitraubenden Hin- und Herpendelns zwischen den Wohn- und Arbeitsplatzgebieten wegfallen dürfte;

oder:

Dienstleistungen in der Stadt werden übergewichtigt; der Begriff "Servicestadt" ist nicht neu, er gewinnt jedoch immer mehr an Bedeutung. Darauf sollte man eingehen. Die Verteiler von Kultur und Ware kommen immer näher zu den Konsumenten und Verbrauchern. Die heutigen unwirtschaftlichen Trennsysteme mit den langen Transportwegen sind nicht mehr zeitkonform.

ARGUMENT 2

Abbildung 2a, Zweidimensionale Stadt/Skizze

Abbildung, 2b, Leistungen des Stadthügels/Skizze

Stadtqualität entsteht aus der Häufigkeit und Intensität der menschlichen Begegnungen, aus der Vielfalt der Lebensformen und aus der Überschneidung verschiedenartiger Nutzungen. Diese Komplexität, die in der Stadt als lebendiger Tag- und Nachtorganismus zu erfahren ist, muss zurückgewonnen werden. Da wir dies nicht für ganze Städte auf einmal tun können, sollen geschädigte Quatiere punktuell reanimiert werden. Dazu dienen integrierte urbano-soziale Makrostrukturen. Von ihnen können Impulse ausgehen und vielleicht auch eine veränderte Auffassung vom Städtebau.

Mischquatiere mit Wohn-, Arbeits- und Freizeitqualität sind gefragt. Private und öffentliche Einrichtungen müssen zusammenkommen, dürfen sich aber gegenseitig nicht stören. Wenn diese Hauptforderung mit konventionellen Mitteln nicht erfüllt werden kann, dann müssen Erfindungen her, die das sich gegenseitig blockierte System von Bauzeilen nebeneinander durch eine Schichtung übereinander ersetzt.

Reinhard Sennet sagt in seinem Buch CIVITAS: "Der Planer einer modernen, humanen Stadt müsste die Unterschiede übereinanderschichten, statt sie zu segmentieren. Aus der Überlagerung ergeben sich komplexe, offene Grenzen. Offene Grenzen schaffen Räume der Preisgabe an den Unterschied, an das Anderssein". Wir wollen eine neue Durchlässigkeit in der Stadt!

ARGUMENT 3

Abbildung 3a, Das Gesetz der Drei

Abbildung 3b, Prozession in der Stadt

Die Weltbeziehungen des Menschen ist räumlich und raumerschließend, sagt Martin Heidegger in seinem Aufsatz über Bauen-Wohnen-Denken. Der Mensch erlebt Räume wesenhaft, indem er die transrationale Wirklichkeit mit der materiellen verbindet. An der Herstellung dieser Wirklichkeit ist die Stadt und ihre Architektur beteilitgt.

Stadträume haben ihre Qualität als "Wohnstube" der Gemeinschaft verloren. Sie bieten den Bewohnern zu wenig Geborgenheit. Weil in den Quartieren die nötige soziale Kontrolle fehlt, sind die öffentlichen Räume zu Orten der Gefahr geworden. Bedrohtes Leben in der Öffentlichkeit kommt von der falschen Stadtplanung, die es nicht mehr schafft, Gemeinschaftsräume so zu organisieren, daß diese uns an Leib und Seele gesund erhalten. Wir sollten nicht vergessen: Städtebau ist eine anthropologische Disziplin und damit eine Dienstleistung am ganzen Menschen!

Der Raum, mit dem wir bei der Stadtplanung umgehen, dient den Menschen für seine praktischen Bedürfnisse. Das ist seine Zweckfunktion. Dieser Raum muß aber auch Bereitschaft erzeugen und seinen eigenen Gebrauch motivieren durch das Erscheinungsbild. Das ist eine Gestaltungsfunktion. Zur vollen Dienstschaft des Raumes in der Stadt gehört letztlich die Eignung als Transformationsstätte metaphysischer Beziehung. Das ist seine geistige Funktion.

Wir brauchen den Stadtraum demnach in einer dreifachen Funktion:

  • als zweckdienliches Behältnis (der praktische Gebrauch steht im Vordergrund)
  • als sinnliches Medium (die Welt der Empfindungen und Emotionen steht im Vordergrund)
  • als Manifestation des Geistes (Stadtstrukturen vermitteln Sinn und Bedeutung)

Das ist das "Gesetz der Drei" in der Architektur:

Wir benötigen die Stadt als Animierraum der Gemeinschaft. Animation heißt Auffüllen eines Gefühlsdefizits. Animierräume wecken Lust und regen an. Animierarchitektur aktiviert die soziale Bereitschft und unterstützt das Dabeisein, das Mitmachen. Motivierende Stadträume erzeugen auch Anhänglichkeit; Anhänglichkeit als Gegenmittel gegen die Entwurzelung der Bewohner, die unter dem Gleichgültigkeitscharakter ihres objektivierten Wohnumfeldes leiden. Wenn solche Anhänglichkeit der Bewohner an ihr Wohnquatier entsteht, ist dies ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen.

ARGUMENT 4

Abbildung 4a, Blockrandüberbauung

Abbildung 4b, Stadthügelgruppe

Eines der Hauptargumente für einen gesunderhaltenden Städtebau ist die Herstellung von Identität. Der Begriff der Identität wird in der Anthropologie und in der Gestaltpsychologie behandelt. Man bezeichnet damit die innere Bindung an ein Objekt und das Trachten des Menschen nach Übereinstimmung mit diesem Objekt, verbunden mit dem Ziel, sich in der Objektwelt selbst wiederzufinden. Die Psychologie definiert Identität als mehrstufiges Phänomen. Uns interessiern zwei Formen, nämlich die "Ich -Identität" und die "Gruppenidentität", die sich beide als Übereinstimmung bei den Mensch-Raumsituationen in der Stadt einstellen. Die Vertrautheit mit dem gebauten Raum für den Einzelnen oder die Gruppe ist eine entscheidende Lebensqualität. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Schaffung von Unverwechselbarkeit: Wir müssen die "Kultur des Unterschieds" (Sennet) besser pflegen.

Bei der Ich-Findung am Objekt spielt die zulässige Anzahl gleichartiger (nicht gleichförmiger) Elemente eine Rolle. Organisationsstrukturen haben die Eigenschaft, daß sie die Objektivierung fördern und damit die Eintönigkeit unterstützen. Repetition und stetige Wiederholung als Gestaltungsprinzip führen zum Verlust an Orientierung. Unsere modernen großen Städte sind vielerorts orientierungslos geworden. Es fehlt ihnen an sinnlich wahrnehmbaren Bezugspunkten, an denen jeder "seinen" Platz verorten kann. Solche Bezugspunkte müssen jedoch eindeutig genug sein, um genügend "Unterschied" zu manifestieren, im Materiellen wie im Geistigen.

Im Zusammenhang mit der Ich-Findung am Objekt spricht man neuerdings auch von einer Demokratisierung der Funktionen und Aktivitäten in der Stadt. Dieses sozialpolitische Postulat ist attraktiv. Man will keine Monokulturen von Mächtigen und Großen, die die Kleinen und Schwächeren verdrängen, eine Entmischung also, die auf Kosten der Vielfalt und des komplexen Erlebniswertes der Städte geht. Voraussetzung ist, daß man bei der kommerziellen Verwertung des urbanen Lebensraumes ein System findet, bei dem eine andere Verteilung von Kosten und Nutzen resultiert, so daß es alle gleichmässiger trifft. Die Raumstadt mit ihrer Schichtung übereinander eignet sich dazu.

ARGUMENT 5

Abbildung 5a, Hongkong Städtbild

Abbildung 5b, Mereta/Berlin

Große Städte werden immer zum Niemandsland von vielen Leuten auf engem Raum. Der Einzelne verliert sich in der Anonymität der Masse. Das Wohnen ist zur gleichgeschalteten Unterbringung geworden, in Blöcken und Stadtquartiere, die austauschbar scheinen. Sollten wir bei den Stadtstrukturen für den Einzlnen und die Gruppe nicht dafür sorgen, daß wieder mehr Erinnnerungswerte entstehen? Erinnerung ist eine geistige Qualität; es entstehen durch sie Heimatgefühle. Die Stadt müßte eine Heimat ihrer Bewohner sein. Richard Sennet sagt: "Die Entwicklung des Menschen bedeutet vor allem Entwicklung der Fähigkeit, zunehmend komplexere Erfahrungen zu machen. Sofern die Erfahrung der Komplexität in einer bestimmten Umwelt ihren Wert verliert, sind wir spirituell gefährdet".

Wir dürfen das Bild der Stadt nicht von der Natur entfernen. Die Erlebnisdichte wird dadurch geschmälert, und es resultieren mentale Schäden bei den Menschen. Planungs- und Bausysteme werden mit Vorteil der Natur abgeschaut. Je eher sie sich den biokybernetischen Grundsätzen nähern, desto mehr Affinität gibt es zum Menschen und seinen Bedürfnissen. Es werden heute gedankliche und strukturelle Anleihen bei den Natursystemen gemacht, um zu optimalen Bauleistungen in der Technik zu gelangen, wie zum Beispiel das Gleichgewicht zwischen Stabilität und Wachstum, das Mehrfachnutzungsprinzip, das Recyclingprinzip, das Symbioseprinzip, das Ökonomieprinzip. Solche und ähnliche Überlegungen müßten auch die Kreation von Stadtstrukturen beflügeln, so daß diese trotz der Verwendung von vielen gleichartigen Elementen nicht eintönig erscheinen oder, wie bei den Symmetrien, zur abstrakten Repetition führen. Nach Meinung des Architekturkritikers Bruno Zevi ist eine solche Repetition inhuman und grundsätzlich repressiv.

STADTHÜGEL

Abbildung 6, Titel

Der Stadthügel ist ein dreidimensionales urbanes Integrationssystem. Er kann zur Bildung neuer Städte oder zur Sanierung von bestehenden Städten verwendet werden. Als Implantat wird er in gesellschaftlich oder funktional unterversorgte Quatiere eingepflanzt.

Abbildung 7a, Stadthügelschnitt

Abbildung 7b, Stadthügelgruppe

Das Konzept des Stadthügels verwicklicht bei hoher Bewohnerdichte außergewöhnliche Wohnwerte. Gleichzeitig wird räumliche Geborgenheit für die Gemeinschaft geboten. Die Lebensbereiche der Privatheit (das Wohnen) und der Öffentlichkeit (die Dienstleistungen, Unterhaltung und Einrichtungen der Freizeit) liegen nicht mehr weit nebeneinander, sondern direkt übereinander; sie stören sich gegenseitig nicht.

Die nach oben abgetreppte Hügelstruktur mit den bewachsenen Terrassen und Wintergärten vor den Wohnungen weisen trotz Stadtnähe Vorteile des Einfamilienhauses im Grünen auf. Diese Hügelstruktur bildet eine schützende Überdachung des darunter liegenden Stadtraumes, der keinen Witterungseinflüssen ausgesetzt ist und darum mit wenig Aufwand ganzjährig betrieben werden kann. Es mindern sich die Kosten für den Unterhalt der Stadt.

Der Stadthügel ist ökonomisch, weil er das Bauland doppelt nutzt. In der Sockelzone, die für jedermann zugänglich ist, werden Bedürfnisse des ganzen Quartiers befriedigt: Shopping, Gastronomie, Gesundheitspark, Museum, Kinocenter, Schule. Die Sockelzone bildet den zweiten Nutzungskomplex; ihn belastet die andere Hälfte der Landkosten. Kalkulationen haben ergeben, daß damit preisgünstige Wohnungen mitten in der Stadt entstehen können.

Die Wohnungen beim Stadthügel haben viel Licht und Sonne; sie sind zudem lärmabgewandt. Zwischen den Stadthügeln können Grossbiotope angelegt werden. Raumgrün und Flächengrün kommen zusammen; Stadtlandschaft und Naturlandschft sind nicht mehr gegensätzlich. Der Stadthügel ist gleichzeitig sein eigenes Markenzeichen: Eine Urform der Natur. Stadthügel erscheinen auch niedriger als sie wirklich sind.

Der Stadtraum, der sein Licht von oben bezieht und damit kosmische Bedeutung gewinnt, erfüllt die emotionalen Bedürfnisse der Bewohner nach Erlebnisdichte: Teilnahme, Begegnung, Sehen und Gesehen werden stehen im Vordergrund. Das Raumkonzept sorgt für ein erhöhtes WIR-Gefühl der Bewohner.

Die Einrichtungen im Stadtraum können billiger erstellt und unterhalten werden, ähnlich einem Messehallenprinzip, bei dem die Nutzflächen in einfacher Weise den geänderten Ansprüchen angepasst werden können. Das Haus-im Haus-Prinzip bietet interessante Möglichkeiten der Gestaltung und der Ökonomie.

Abbildung 8, Titel

FALLSTUDIE NEW YORK

Die Innenstadt von New York kämpft um neuen, besseren Lebensraum. Im Jahre 1987 wurde hierzu ein internationaler Wettbewerb veranstaltet, an dem sich über 700 Architekten beteiligten. Das Projekt PPP wurde zusammen mit einigen anderen Vorschlägen selektioniert.

Abbildung 9a, Situation

Abbildung 9b, Massstabsvergleich

Die Einwohner von New York entdecken einerseits die Inselqualität von Manhattan mit ihrer attraktiven Wasserfront und suchen andererseits einen Ausweg, um aus der gebauten Stadt auszubrechen, ohne sie jedoch verlassen zu müssen. Das Ufer des HUDSON-River ist dazu ausersehen, unter Beibehaltung der für die Freizeit aktivierten, für Schiffe nicht mehr gebrauchten Piers, neuen Wohn- und Kulturraum zu schaffen. Es wurde ein Stadthügel geplant, der frei über zwei vorhandene Piers gestellt wird. Die Uferlinie wird beibehalten, und es entsteht kein Riegel zwischen Flussraum und Quarierraum dahinter.

Hochhäuser haben sich für da Wohnnen als untaugliche Stadtbauform erwiesen. Es ist medizinisch und sozialpsychologisch belegt, daß da vertikale Übereinanderwohnen die Entwurzelung der Menschen fördert. Der Mensch braucht den Kontakt zur Erdbasis, um nicht psychisch Schaden zu nehmen. Beim Stadthügel als Urform der Natur ist die Vertikale ausgeschaltet.

Abbildung 10a, Schnitt

Abbildung 10b, Perspektive

Der Stadthügel am Hudsonriver gibt dem Uferquartier eine eigene Identität.

Die Makrostruktur stülpt sich über den Flussraum und die beiden darunterliegenden Piers, ohne deren Nutzen und Bestand zu beeinträchtigen. Außen wirkt der Stadthügel wie ein aus dem Wasser kommendes, besteigbares Haus; innen und direkt unter den Wohnungen bieten sich räumlich attraktiv Servicebereiche und Einrichtungen zur Unterhaltung und Körperertüchtigung an.

Die Studie wir weiter getrieben.

Abbildung 11, Titel

FALLSTUDIE ZÜRICH

In Zürich gibt es mitten in der Stadt brach liegende Industrieflächen, die nicht mehr oder nur mehr teilweise als solche genutzt werden. Gleiche Situationen trifft man in vielen europäischen Städten an. Nun gilt es, diese meist infrastrukturell hoch technisierten Gebiete umzuzonen und einer neuen, sinnvollen Nutzung zuzuführen.

Abbildung 12a, Örlikon Situationsplan

Abbildung 12b, Örlikon Modell

Die Fallstudie Zürich zeigt einen Weg auf, wie mit dem Stadthügelkonzept als Leitidee eine sinnvolle Reanimierung möglich ist. Es werden punktuell Mischgebiete für Wohnen, Arbeiten, Dienstleistung, Kultur und Freizeit implantiert, wobei Altbestände nach Belieben erhalten werden können. Bei diesem Konzept wird nicht mehr der Gegensatz zwischen Natur und Bauten angestrebt, sondern deren gegenseitige Integration.

Vorgeschlagen sind pyramidale Makrostrukturen von 42 m Höhe mit 14 Geschossen. Sie bilden eine hügelige Landschaft; dazwischen sind Flachbauten. Durch räumliche Zuordnung werden die Nutzflächen der Privatheit und Öffentlichkeit hautnah miteinander verbunden, ohne daß gegenseitige Störungen auftreten. Das Erscheinungsbild zeigt Gruppenidentität.

Abbildung 13a, Computerisometrie

Abbildung 13b, Computerschnitt

Die Raumstadteinheiten werden mit bis zu 30 000m2 Bruttogeschossen ausgerüstet, wobei die Basis durchlässig bleibt und diagonalkreuzweise erschlossen wird. Der Gebäudesockel, der organisch aus dem begrünten Umfeld aufsteigt, enthält Büros, Ateliers, stilles Gewerbe sowie die Einrichtungen der Freizeit und der körperlichen Ertüchtigung.

Innen liegt der Stadtplatz, der vielfältig genutzt werden kann. Er ist überdacht durch die nach oben aufsteigenden Terrassenwohnungen, die man durch Laubengänge erreicht. Man kann sie als Zuschauergalerien benützen für die Teilnahme an Aktionen des öffentlichen Lebens.

Abbildung 14a, Schnitt - Grundriss

Abbildung 14b, Computerisometrie

Von den Laubengängen hat man freie Sicht zum Stadtplatz hinunter, auf dem sich, wie auf einer Bühne, öffentliches Leben abspielt.

Der Stadthügel impliziert einen ökologischen Material- und Energieeinsatz. Das gedeckte Atrium wird durch natürlichen Auftrieb be- und entlüftet. Mit kontrolliertem Öffnen und Schließen von Luftein- und -auslässen kann man ein martimes Klima erzielen, das dem jährlichen Rhythmus des Temeraturverlaufs wohl folgt, aber dennoch zum Aufenthalt im "Freien", das heißt im städtischen Raum ganzjährig einlädt. Die abgeschwächten Temperaturschwankungen im Inneren des Stadthügels erlauben es, hier auf normale Fassadenkonstruktionen zu verzichten. Nur die äussere, kompakte Hülle der Makrostruktur muß gegen Witterung und Wärmeverlust geschützt werden. Die Wintergärten vor den Wohnungen dienen hierbei als Klimapuffer.

Die Raumstadteinheiten haben eine hohe Ausnützung (2,5 bis 3,0). Trotzdem wird ein klotziger Eindruck vermieden. Zwischen den pyramidalen Bauten öffnet sich ein Raum zum Himmel. Der große Naturflächenanteil der bepflanzten Terrassen, verbunden mit den talartig zwischen die Makrostruktur eingebetteten Grünflächen ermöglicht die Entstehung eines gesunden Mikroklimas.

Abbildung 15a, Stadthügelimplantat

Abbildung 15b, Stadthügelzeichnung CH ´91 Idee

ZUSAMMENFASSUNG

Der Stadthügel kombiniert die Vorteile des Einfamilienhauses im Grünen mit Stadtqualität.

Privatheit und Öffentlichkeit sind nicht mehr weitläufig nebeneinander angeordnet, sondern direkt übereinander.

Unnötige Pendlerströme können vermieden werden.

Mit dem Stadthügel werden städtische Erlebnisräume zurückgenommen. Sie animieren zum Dabeisein und schaffen ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl der Bewohner.

Der Stadthügel ist eine ökologische Makrostruktur. Er läßt sich einfach bauen und kann vorgegebenen Altbeständen angepasst werden.

Der Stadthügel versteht sich als Implantat, mit dem man unterversorgte Quartiere nachrüsten kann. Bestehende Städte können qualitativ verbessert und gleichzeitig dort verdichtet werden, wo es gerade am nötigsten ist.

Abbildung 16a, Turmbau zu Babel

Abbildung 16b, Erkenntnis der Sphären, 1530

Stadthügel symbolisieren eine Urform der Natur. Sie stellen sich gegen den schon von Lewis Mumford kritisierten "technologischen Exhibitionismus" der üblichen Hochhäuser.

In höherem Sinne assoziieren Stadthügel Erst-Akte der Menschheit, bei denen pyramidale Formen die Sonnenstrahlen vom Brennpunkt in die Ebene hinunterleiten; sie funktionieren als Mittler zwischen Himmel und Erde.

Der Umweltgipfel in Rio de Janeiro, wo das Stadthügelkonzept vorgestellt wurde, hat das Bewußtsein auch für das Überleben in den großen Städten geweckt. Es hat Mut gemacht zum Aufbruch zu neuen Denkweisen für das Bauen in der Stadt.

 

 

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