Global Village (die Konferenzen)
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1999 waren wir beteiligt an der NGO Internet Fiesta und - in neuer Zusammensetzung - an "Global Village 99" Das geplante 4. internationale Global Village Symposium mußte leider abgesagt und auf unbestimmte Zeit vertagt werden.

 
 
Philosophy for the next Millennium Vienna City Hall, February 1995
Die digitale Informationsrevolution - Hoffnung oder Gefahr?

Abstract     Lecture     Author

Christof GÜNZL (A)

18.02.1996

 

Die eben aufkommende digitale Kommunikationstechnologie sagt nur "WIE", nicht aber "WAS" kommuniziert wird, und damit wird sie zu einer Gefahr für die Einswerdung unserer Welt, für die sie doch wirken will.

Der weltweit geschätzte französische Dichter und Flugpionier Antoine de Saint Exupery, der im zweiten Weltkrieg Aufklärungsflieger in der französischen Armee war, kam von einem Feindflug über dem Mittelmeer im Sommer 1944 nicht mehr zurück. Er ruht jetzt am Grunde dieses geschichtsträchtigen Meeres.
Kurz vor seinem letzten Start hat er seherische Worte gesprochen, wie folgt:
"Ich habe den Eindruck, daß etwas ganz Neues auf unserem Planeten im Werden ist. Der materielle Fortschritt der neuen Zeit hat in der Tat alle Menschen durch eine Art Nervensystem verbunden. Es gibt unzählige Kontakte und dauernde Verbindungen. Wir sind körperlich zusammengefügt wie die Zellen des gleichen Leibes. Doch dieser Leib hat noch keine Seele. Dieser Organismus ist noch nicht zum Bewußtsein seiner selbst gelangt."
Nun, ein halbes Jahrhundert nach Verkündigung dieser Vision stehen wir vor der Tatsache, daß der "Leib" der globalen Menschheitsfamilie noch enger und dichter zusammengewachsen ist. Die moderne Multimediatechnologie hat die Menschenwelt zu einem hochvernetzten geschlossenen System, zu einem einheitlichen Ganzen zusammenschmelzen lassen, zu einem Ganzen, das bereits unteilbar geworden ist.
Die neue Multimediatechnologie sagt uns "wie wir in Zukunft über die relevanten gesellschaftlichen Aspekte informiert werden, wie wir uns bilden bzw. weiterbilden, wie wir uns unterhalten und entspannen". Sie sagt uns, w i e wir besser kommunizieren können, sie sagt uns aber nicht, w a s wir uns sagen sollten. Wir können also weltweit mit allen Menschen Kontakt gewinnen, aber w a s unsere Gesprächsthemen sein könnten, erfahren wir von der neuen Kommunikationstechnologie nicht! Sie gibt uns keine gemeinsame Sprache, keine gemeinsame Wertordnung und keinen gemeinsamen Lebenssinn. Wir leben eng aneinandergerückt, können aber die durch solche Berührung entstehenden Konflikte nicht lösen. Das dichte Nebeneinander verschiedener Weltbilder und Wertvorstellungen in einem enger werdenden Raum birgt in sich wachsende Gefahr, und die heutige Weltlage mit ihren unbewältigten Turbulenzen scheint ein Zeichen hierfür (Fundamentalismus).
Die ganze Menschenwelt ist zu einem einheitlichen Koloß zusammengeschmolzen und kann sich ohne "gemeinsame Sprache" und ohne übergreifenden Sinn nicht mehr friedlich organisieren.
Antoine de Saint Exupery müßte voll Erstaunen und Besorgnis feststellen, daß der noch dichter zusammengewachsene "Leib" des Menschengeschlechts immer noch keine Seele hat.
Hoffnung zur überwindung dieser gefährlichen Situation gibt uns ebenfalls ein Franzose, der Jesuit Pierre Teilhard de Chardin, der 1955 verstorben ist.
Teilhard de Chardin wird von kommenden Generationen als jener große Geist der Wahrheit erkannt und gefeiert werden, der den Menschen erkunden konnte, wohin der Weg der Welt geht. Er hat uns eine Evolutionstheorie beschert, die weit über die Darwins hinausgeht. Während Darwin die Evolution auf die belebte Natur beschränkt und sie vorangetrieben sieht durch den Kampf ums überleben, zeigt uns Teilhard die Evolution als einen kosmischen Prozeß, der im Sinne des biblischen "ut sint unum" auf Einswerdung gerichtet ist und nicht durch den Kampf der Gegensätze, sondern durch ein transzendentes "Feld" zusammenzwingender Energie, das er "OMEGA" nennt, hinangezogen wird.
Teilhard hat uns mit seiner Evolutionslehre nicht nur eine Theorie geliefert, sondern die Wirklichkeit insgesamt in ihren Strukturen und Prozessen verständlich gemacht. Er hat uns nicht nur weiterdenken lassen, vom Darwinschen "dialektischen Kampf der Gegensätze" zur dialektischen Aufhebung dieser Gegensätze, sondern hat mit dieser Umschichtung der Denkstrukturen auch die welthistorische Situation unserer Zeit verständlich gemacht und damit deren Bewältigung ermöglicht. Seit der Atombombe kann der Krieg ja nicht mehr als der "Vater aller Dinge" gesehen werden, vielmehr muß die Aufhebung aller Gegensätze im Rahmen übergreifender Ganzheiten angestrebt werden. Gorbatschow hat in der Tat auf der Grundlage seines "Neuen Denkens" den lebensbedrohenden Ost-West-Gegensatz aufzuheben vermocht.
Die von Teilhard de Chardin ausgelöste Mutation der Denkstrukturen hat es freilich noch nicht vermocht, das menschliche Bewußtsein weltweit zu erfassen und damit das weltpolitische Geschehen zu bestimmen.
Aber auch in dieser Frage macht uns Teilhard Hoffnung. Er prophezeit das Aufkommen eines weltweit gleichgestimmten Bewußtseins, das er die "Noosphäre" nennt, und tut dies mit folgenden Sätzen:
"Die Erde umhüllt sich mit einer einzigen denkenden Hülle und bildet funktionsmäßig ein einziges umfassendes Denkatom von siderischem Ausmaß. Die Vielheit individueller Reflexionen sammelt und verstärkt sich im Akt eines einzigen gleichgestimmten Bewußtseins" (MK 244).

Es ist nun wohl nicht zweifelhaft, daß jenes "Neue Denken", mit dem Gorbatschow bereits Weltgeschichte gemacht und das Menschengeschlecht vor dem atomaren Selbstmord gerettet hat, ein Denken, das nur sehr langsam ins weltweite Bewußtsein einfließt, eine Vorhut von Teilhards Noosphäre ist. Dieses Denken ist ja ein ganzheitliches Denken, eine Denkbewegung,
die auf stufenweisen Aufbau von ganzheitlichen Systemen gerichtet ist und ein transzendentes, auf Einswerdung gerichtetes Prinzip voraussetzt; ein integratives Denken, das vom Kampf der Gegensätze zur wechselseitigen Ergänzung im Rahmen einer überhöhenden Einheit zielt. Es ist also genau jenes Denken, jene Philosophie, die unsere Welt heute braucht, um mit den Turbulenzen fertig zu werden, die unsere Zukunft mehr und mehr in Gefahr bringen.
Dieses "Neue Denken" ist also genau jene Denkweise, jene Philosophie, jene "Sprache" und Wertvorstellung, die durch die neue Multimediatechnologie weltweit verbreitet werden muß!
So sind also die Pioniere der neuen digitalen Kommunikationstechnik herausgefordert, zu ihrem "Wie" der neuen Informationsvermittlung auch das durch das "Neue Denken" angebotene "Was" aufzugreifen und weltweit zu verbreiten. Ihre großartigen Erfindungen sollen nicht weitere katastrophale Turbulenzen auslösen, sondern in eine friedfertig und partnerschaftlich kooperierende Eine Welt führen.
 

 
 
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