Die eben
aufkommende digitale Kommunikationstechnologie sagt
nur "WIE", nicht aber "WAS" kommuniziert wird, und
damit wird sie zu einer Gefahr für die Einswerdung
unserer Welt, für die sie doch wirken will.
Der weltweit
geschätzte französische Dichter und Flugpionier
Antoine de Saint Exupery, der im zweiten Weltkrieg
Aufklärungsflieger in der französischen Armee war,
kam von einem Feindflug über dem Mittelmeer im
Sommer 1944 nicht mehr zurück. Er ruht jetzt am
Grunde dieses geschichtsträchtigen Meeres.
Kurz vor seinem letzten Start hat er seherische
Worte gesprochen, wie folgt:
"Ich habe den Eindruck, daß etwas ganz Neues auf
unserem Planeten im Werden ist. Der materielle
Fortschritt der neuen Zeit hat in der Tat alle
Menschen durch eine Art Nervensystem verbunden. Es
gibt unzählige Kontakte und dauernde Verbindungen.
Wir sind körperlich zusammengefügt wie die Zellen
des gleichen Leibes. Doch dieser Leib hat noch keine
Seele. Dieser Organismus ist noch nicht zum
Bewußtsein seiner selbst gelangt."
Nun, ein halbes Jahrhundert nach Verkündigung dieser
Vision stehen wir vor der Tatsache, daß der "Leib"
der globalen Menschheitsfamilie noch enger und
dichter zusammengewachsen ist. Die moderne
Multimediatechnologie hat die Menschenwelt zu einem
hochvernetzten geschlossenen System, zu einem
einheitlichen Ganzen zusammenschmelzen lassen, zu
einem Ganzen, das bereits unteilbar geworden ist.
Die neue Multimediatechnologie sagt uns "wie wir in
Zukunft über die relevanten gesellschaftlichen
Aspekte informiert werden, wie wir uns bilden bzw.
weiterbilden, wie wir uns unterhalten und
entspannen". Sie sagt uns, w i e wir besser
kommunizieren können, sie sagt uns aber nicht, w a s
wir uns sagen sollten. Wir können also weltweit mit
allen Menschen Kontakt gewinnen, aber w a s unsere
Gesprächsthemen sein könnten, erfahren wir von der
neuen Kommunikationstechnologie nicht! Sie gibt uns
keine gemeinsame Sprache, keine gemeinsame
Wertordnung und keinen gemeinsamen Lebenssinn. Wir
leben eng aneinandergerückt, können aber die durch
solche Berührung entstehenden Konflikte nicht lösen.
Das dichte Nebeneinander verschiedener Weltbilder
und Wertvorstellungen in einem enger werdenden Raum
birgt in sich wachsende Gefahr, und die heutige
Weltlage mit ihren unbewältigten Turbulenzen scheint
ein Zeichen hierfür (Fundamentalismus).
Die ganze Menschenwelt ist zu einem einheitlichen
Koloß zusammengeschmolzen und kann sich ohne
"gemeinsame Sprache" und ohne übergreifenden Sinn
nicht mehr friedlich organisieren.
Antoine de Saint Exupery müßte voll Erstaunen und
Besorgnis feststellen, daß der noch dichter
zusammengewachsene "Leib" des Menschengeschlechts
immer noch keine Seele hat.
Hoffnung zur überwindung dieser gefährlichen
Situation gibt uns ebenfalls ein Franzose, der
Jesuit Pierre Teilhard de Chardin, der 1955
verstorben ist.
Teilhard de Chardin wird von kommenden Generationen
als jener große Geist der Wahrheit erkannt und
gefeiert werden, der den Menschen erkunden konnte,
wohin der Weg der Welt geht. Er hat uns eine
Evolutionstheorie beschert, die weit über die
Darwins hinausgeht. Während Darwin die Evolution auf
die belebte Natur beschränkt und sie vorangetrieben
sieht durch den Kampf ums überleben, zeigt uns
Teilhard die Evolution als einen kosmischen Prozeß,
der im Sinne des biblischen "ut sint unum" auf
Einswerdung gerichtet ist und nicht durch den Kampf
der Gegensätze, sondern durch ein transzendentes
"Feld" zusammenzwingender Energie, das er "OMEGA"
nennt, hinangezogen wird.
Teilhard hat uns mit seiner Evolutionslehre nicht
nur eine Theorie geliefert, sondern die Wirklichkeit
insgesamt in ihren Strukturen und Prozessen
verständlich gemacht. Er hat uns nicht nur
weiterdenken lassen, vom Darwinschen "dialektischen
Kampf der Gegensätze" zur dialektischen Aufhebung
dieser Gegensätze, sondern hat mit dieser
Umschichtung der Denkstrukturen auch die
welthistorische Situation unserer Zeit verständlich
gemacht und damit deren Bewältigung ermöglicht. Seit
der Atombombe kann der Krieg ja nicht mehr als der
"Vater aller Dinge" gesehen werden, vielmehr muß die
Aufhebung aller Gegensätze im Rahmen übergreifender
Ganzheiten angestrebt werden. Gorbatschow hat in der
Tat auf der Grundlage seines "Neuen Denkens" den
lebensbedrohenden Ost-West-Gegensatz aufzuheben
vermocht.
Die von Teilhard de Chardin ausgelöste Mutation der
Denkstrukturen hat es freilich noch nicht vermocht,
das menschliche Bewußtsein weltweit zu erfassen und
damit das weltpolitische Geschehen zu bestimmen.
Aber auch in dieser Frage macht uns Teilhard
Hoffnung. Er prophezeit das Aufkommen eines weltweit
gleichgestimmten Bewußtseins, das er die "Noosphäre"
nennt, und tut dies mit folgenden Sätzen:
"Die Erde umhüllt sich mit einer einzigen denkenden
Hülle und bildet funktionsmäßig ein einziges
umfassendes Denkatom von siderischem Ausmaß. Die
Vielheit individueller Reflexionen sammelt und
verstärkt sich im Akt eines einzigen
gleichgestimmten Bewußtseins" (MK 244).
Es ist nun wohl
nicht zweifelhaft, daß jenes "Neue Denken", mit dem
Gorbatschow bereits Weltgeschichte gemacht und das
Menschengeschlecht vor dem atomaren Selbstmord
gerettet hat, ein Denken, das nur sehr langsam ins
weltweite Bewußtsein einfließt, eine Vorhut von
Teilhards Noosphäre ist. Dieses Denken ist ja ein
ganzheitliches Denken, eine Denkbewegung,
die auf stufenweisen Aufbau von ganzheitlichen
Systemen gerichtet ist und ein transzendentes, auf
Einswerdung gerichtetes Prinzip voraussetzt; ein
integratives Denken, das vom Kampf der Gegensätze
zur wechselseitigen Ergänzung im Rahmen einer
überhöhenden Einheit zielt. Es ist also genau jenes
Denken, jene Philosophie, die unsere Welt heute
braucht, um mit den Turbulenzen fertig zu werden,
die unsere Zukunft mehr und mehr in Gefahr bringen.
Dieses "Neue Denken" ist also genau jene Denkweise,
jene Philosophie, jene "Sprache" und
Wertvorstellung, die durch die neue
Multimediatechnologie weltweit verbreitet werden muß!
So sind also die Pioniere der neuen digitalen
Kommunikationstechnik herausgefordert, zu ihrem
"Wie" der neuen Informationsvermittlung auch das
durch das "Neue Denken" angebotene "Was"
aufzugreifen und weltweit zu verbreiten. Ihre
großartigen Erfindungen sollen nicht weitere
katastrophale Turbulenzen auslösen, sondern in eine
friedfertig und partnerschaftlich kooperierende Eine
Welt führen.
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