Global Village (die Konferenzen)
Global Village 1993
Global Village 1996
Global Village 1997
Global Village 1999

1999 waren wir beteiligt an der NGO Internet Fiesta und - in neuer Zusammensetzung - an "Global Village 99" Das geplante 4. internationale Global Village Symposium mußte leider abgesagt und auf unbestimmte Zeit vertagt werden.

 
 
Globalisierung und Technologie / Globalization and Technology Vienna City Hall, February 1995
Österreichische Telekom Infrastruktur und Politik

Abstract     Lecture     Author

Viktor Klima - Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (A)

 

Ich gratuliere Ihnen, daß sie dieses spannende Thema "Global Village" zum Thema ihrer Tagung gemacht haben. Ich bin in zweifacher Funktion sehr an diesen Ergebnissen interessiert. Erstens als für die Telekommunikation und für die industrielle Entwicklung in unserem Lande sich verantwortlich fühlender Minister, zweitens auch als leidenschaftlicher Informatiker und Technikfreak - was mich nicht daran hindern soll, auch etwas über die politische Dimension, die politische Herausforderung, die politischen Rahmenbedingungen zu sprechen, die notwendig sind, wenn wir diesen Schritt in die Informationsgesellschaft, diesen Schritt in die Digital World, in das Global Village in einer, wie ich hoffe, sozial verträglichen und die Gesellschaft nicht aufteilenden Form durchführen wollen.

Ich muß mich leider entschuldigen, weil ich um elf Uhr im Parlament an einer Sonderrede des Präsidenten teilhaben darf, einer Rede, die anläßlich der bedauernswerten Todesfälle durch das Attentat auf Mitglieder der Roma Gruppe in Österreich stattfinden wird. Ich sage das deswegen, weil wir von der Vision des weltumspannenden Dorfes - und unter Dorf verstehen wir die Nähe, die Wärme, das Miteinander träumen - und scheinbar auf der anderen Seite nicht in der Lage sind, in einem kleinen burgenländischen Dorf das Miteinander zwischen unterschiedlichen Gruppen unserer Gesellschaft so zu organisieren, daß es friedvoll und das menschliche Leben erhaltend und schützend ist.

Ich möchte sie daher auffordern, über die technischen Voraussetzungen hinweg, die natürlich notwendig sind und die diskutiert und entwickelt werden müssen, auch über die politischen Rahmenbedingungen nachzudenken. Wir leben in vielen Widersprüchen - wir träumen von den Information Superhighways. Wir träumen von den Glasfasernetzen, wir haben sie zum Teil schon installiert, wir übertragen mit 620 Megabit, mit 2,5 Gigabit, wir übertragen mit SDH und allen möglichen Formen der Übertragungstechnik, wir träumen von Anwendungen des Teleshopping, des Teleworking, des Teleteaching und all diesen Dingen mehr, müssen uns aber auch damit auseinandersetzen, welche gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen wir schaffen müssen, um diese Anwendungen nicht zu verhindern. Das können wir nicht. Wenn wir nur versuchen, abzuwehren und zu blockieren, dann werden wir vom technischen Fortschritt überrollt werden. Aber wir müssen so rechtzeitig versuchen, in geplanten Pilotanwendungen, die Auswirkungen zu ertasten, so daß wir auch die notwendigen politischen Rahmenbedingungen dazu setzen können.

Dazu gibt es im Rahmen der Europäischen Union eigens die "Bangemann Initiative". Ich bin seitens der Österreichischen Bundesregierung offiziell zum sogenannten Bangemann-Koordinator ernannt, zu jener Person also, die sich um die Telekommunikation, um die industrielle Auswirkung, um die Forschung und um die politischen Nebenbedingungen dieser Dinge zu kümmern hat. Bis zum Jahr 2000 sollen hierfür etwa 1000 Milliarden österreichische Schilling investiert werden. Sie sehen daraus, welches gigantische industrielle Wachstum aus dieser Informationsgesellschaft, aus den Information-Superhighways, resultieren wird.

In Österreich haben wir nicht nur die Fertigstellung des Glasfasernetzes, die Fertigstellung des Metropolitan Area Networks, die Fertigstellung des Local Loops, - wir haben zwei Loops in Wien, die bereits im 120 Megabit Bereich übertragen (vor kurzem wurde der erste ATM Knoten eröffnet) - durch welche wir über den internationalen Anschluß an die Hochleistungsnetze verfügen. Bereits etwa 70% aller Anschlüsse im normalen Fernsprechnetz sind in Digitaltechnik vorhanden. Wir haben bereits einen Übertragungsmodus auf Euro-ISDN geschaffen und wir sind ebenso an das TEL, an das europäische Glasfasernetz, mit angeschlossen. Wir haben konkrete Pläne, die Digitalisierung bis zum Jahr 1997 abzuschließen. Wir haben also vor, gemeinsam mit den anderen europäischen Gesellschaften die Hardwarevoraussetzungen für die Information Highways möglichst schnell mit forciertem Investment anzubieten.

Ich halte es noch für notwendig, und ich sage das mit allem Nachdruck, daß wir zur Stärkung der Entwicklung auf diesem Gebiet bestehende Monopolsituationen beseitigen, das heißt nicht nur, wie es für das Jahr 1995 bereits in Bearbeitung ist, einen Wettbewerb im Mobilfunkbereich einzurichten, sondern auch ab dem 1.1.1998 gemeinsam mit Europa auch hier in Österreich das Monopol auf der Netzseite zu beseitigen und einen Wettbewerb auch auf der Netzseite zuzulassen. Dafür wird es wichtig sein, daß wir die bestehenden Netzeigner zusammenbringen. Und es gibt viele Netzeigner, z.B. die Energieversorgungsgesellschaften besitzen Netze und sehr einfache Möglichkeiten, diese rasch auszubauen, z.B. in Leerrohre, die sie verlegt haben, oder an Hochspannungsleitungen und ähnliches mehr. Die Bahn hat eines der größten flächendeckenden Netze, nicht nur in Österreich, auch in Deutschland und anderen Ländern. In Österreich sind etwa eine Million Haushalte durch die Telekabelgesellschaften verkabelt; hier besteht ein riesiges Potential.

Unsere Aufgabe in den nächsten Monaten wird es sein, zur volkswirtschaftlichen Optimierung ein gemeinsames Angebot dieser Netze zu erreichen, so daß nicht gerade dort, wo eine Energiegesellschaft ein Kabel hat, die Post eines parallel dazu vergräbt, sondern wo wir, um möglichst rasch ein flächendeckendes österreichweites Netz anbieten zu können, ein Miteinander dieser Anbieter anstreben.

Ich möchte darauf hinweisen, daß im Rahmen meines Ressorts und des BIT, des Büros für internationale Technologie-Kooperation, die Initiative National Host auch in Österreich gegründet wurde. National Host ist eine Vereinigung von Forschungsinstituten, Industrieunternehmen, Medien, aber auch z.B. meinem Ressort. Diese Initiative soll sich der Pilot- und Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie der Information Highways annehmen. Diese Initiative wird auch der Link zu den entsprechenden Stellen innerhalb der europäischen Union sein. In Brüssel, wir sind dabei, Forschungsprojekte im Rahmen des National Host bei der Europäischen Union im Rahmen des IV. Forschungsprogrammes, wo Telekommunikation und Informationstechnologie nahezu ein Drittel des gesamten Volumens ausmacht, einzubringen.

Ich fordere Sie gemeinsam mit den österreichischen Unternehmen auf, ich fordere die österreichischen Software-Unternehmen, die österreichischen Institute auf, hier Ideen einzubringen.Ich bitte Sie deshalb so inständig, weil es mir darum geht, in Pilotanwendungen sehr vorsichtig die gesellschaftspolitischen Auswirkungen zu ertasten.

Es wurde daher vor kurzem vereinbart, daß es mit Medien, einem Industrieunternehmen und der Post einen Pilotversuch "Video on Demand" geben wird. Wir werden zweitens mit einer bundesländereigenen Telekabelgesellschaft einen Versuch in Form von Teleshopping und Zugang zu Infonetzen mit der Post gemeinsam durchführen. Wir sind drittens dabei mit dem Land Oberösterreich und der Post ein Backbone Network aufzubauen, das eine Verbindungsmöglichkeit der Klein- und Mittelbetriebe mit den Hochschulinstituten, den Forschungsinstituten, den Zugang zu Daten- und Informationsnetzen und ähnlichem besser gestalten soll.

Wir sind weiters dabei und bereit, uns gemeinsam mit der Stadt Wien im Rahmen eines geplanten Technologiezentrums Urbantechnologien, und in einem Forschungsprojekt auch mit der Frage der Anwendung der modernen Telekommunikation im Urbanbereich auseinanderzusetzen.

Die Österreichische Bundesregierung hat noch etwas getan: Sie hat zusätzlich zu diesen technischen Versuchen eine intern-ministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, in der unter der Führung des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, im Beisein meines Ressorts auch andere Ressorts eingebunden sind, z.B. das Unterrichtsressort, z.B. das Ressort für Gesundheit und Konsumentenschutz, um eben die politischen Rahmenbedingungen für diese neuen spannenden Anwendungen des Global Village, die sie hoffentlich nicht nur bald in Orlando oder in Stuttgart, sondern auch in Wien sehen können, zu finden - politische Rahmenbedingungen, die notwendig sind: Wie ist beispielsweise die Frage des Konsumentenschutzes bei Teleshopping zu regeln? Wie ist die Frage des Arbeitsrechtes bei Teleworking zu regeln? Wie ist die Frage des Datenschutzes zu regeln, wenn wir z.B. an große Datenbanken im Gesundheitsbereich denken, wo innerhalb der Vereinigten Staaten Milliarden Dollar Einsparungsmöglichkeiten errechnet werden, wenn es gelingt, z.B. nur die Befunde für jeden Arzt zentral abrufbar zugänglich zu machen? Hier wird die Frage des Datenschutzes natürlich ein massives Thema darstellen.

Eine Menge von gesellschaftspolitischen Fragen, mit denen wir uns auseinanderzusetzen haben und zu denen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen wollen und werden.

An die Vertreter von Unternehmen und jene der Europäischen Union habe ich eine dringende Bitte: Machen wir nicht den Fehler, den wir in großen Bereichen der Industrie sonstwo gemacht haben, z.B. im Bereich der Verkehrswirtschaft, daß wir in Europa sehenden Auges protektionistisch begründet Inkompatibilitäten schaffen, daß wir es nicht schaffen, gemeinsame Standards, gemeinsame Normen für Protokolle, für die Technik auszuarbeiten, so daß der gemeinsame Verbund und damit der Nutzen in Europa unmöglich wird. Ich denke an das Beispiel Euro-ISDN - welche Schwierigkeiten beispielsweise Deutschland derzeit bei der Umstellung hat. Ich denke an das Beispiel, daß wir schon ein länderübergreifendes Verkehrssicherheits- und Informationsnetz anbieten könnten. Es gibt ein Netz im Norden Europas, ein Netz in Frankreich, und die sind natürlich inkompatibel.

Ich möchte Sie nochmals ersuchen - und ich betone das durchaus als Egoist - beschäftigen Sie sich mit den konkreten Anwendungen und denken Sie auch an das, was mein lieber Freund Hannes Swoboda angedeutet hat. Denken Sie auch über die gesellschaftspolitischen Auswirkungen und über die aus Ihrer Sicht nötigen Rahmenbedingungen nach und geben Sie das dem Technikfreak und Politiker Viktor Klima mit. Herzlichen Dank !

 

 
 
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