Ich
gratuliere Ihnen, daß sie dieses spannende Thema
"Global Village" zum Thema ihrer Tagung gemacht
haben. Ich bin in zweifacher Funktion sehr an diesen
Ergebnissen interessiert. Erstens als für die
Telekommunikation und für die industrielle
Entwicklung in unserem Lande sich verantwortlich
fühlender Minister, zweitens auch als
leidenschaftlicher Informatiker und Technikfreak -
was mich nicht daran hindern soll, auch etwas über
die politische Dimension, die politische
Herausforderung, die politischen Rahmenbedingungen
zu sprechen, die notwendig sind, wenn wir diesen
Schritt in die Informationsgesellschaft, diesen
Schritt in die Digital World, in das Global Village
in einer, wie ich hoffe, sozial verträglichen und
die Gesellschaft nicht aufteilenden Form durchführen
wollen.
Ich muß mich leider
entschuldigen, weil ich um elf Uhr im Parlament an
einer Sonderrede des Präsidenten teilhaben darf,
einer Rede, die anläßlich der bedauernswerten
Todesfälle durch das Attentat auf Mitglieder der
Roma Gruppe in Österreich stattfinden wird. Ich sage
das deswegen,
weil
wir von der Vision des weltumspannenden Dorfes - und
unter Dorf verstehen wir die Nähe, die Wärme, das
Miteinander träumen - und scheinbar auf der anderen
Seite nicht in der Lage sind, in einem kleinen
burgenländischen Dorf das Miteinander zwischen
unterschiedlichen Gruppen unserer Gesellschaft so zu
organisieren, daß es friedvoll und das menschliche
Leben erhaltend und schützend ist.
Ich möchte sie
daher auffordern, über die technischen
Voraussetzungen hinweg, die natürlich notwendig sind
und die diskutiert und entwickelt werden müssen,
auch über die politischen Rahmenbedingungen
nachzudenken. Wir leben in vielen Widersprüchen -
wir träumen von den Information Superhighways. Wir
träumen von den Glasfasernetzen, wir haben sie zum
Teil schon installiert, wir übertragen mit 620
Megabit, mit 2,5 Gigabit, wir übertragen mit SDH und
allen möglichen Formen der Übertragungstechnik, wir
träumen von Anwendungen des Teleshopping, des
Teleworking, des Teleteaching und all diesen Dingen
mehr, müssen uns aber auch damit auseinandersetzen,
welche gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen
wir schaffen müssen, um diese Anwendungen nicht zu
verhindern. Das können wir nicht. Wenn wir nur
versuchen, abzuwehren und zu blockieren, dann werden
wir vom technischen Fortschritt überrollt werden.
Aber wir müssen so rechtzeitig versuchen, in
geplanten Pilotanwendungen, die Auswirkungen zu
ertasten, so daß wir auch die notwendigen
politischen Rahmenbedingungen dazu setzen können.
Dazu gibt es im
Rahmen der Europäischen Union eigens die "Bangemann
Initiative". Ich bin seitens der Österreichischen
Bundesregierung offiziell zum sogenannten
Bangemann-Koordinator ernannt, zu jener Person also,
die sich um die Telekommunikation, um die
industrielle Auswirkung, um die Forschung und um die
politischen Nebenbedingungen dieser Dinge zu kümmern
hat. Bis zum Jahr 2000 sollen hierfür etwa 1000
Milliarden österreichische Schilling investiert
werden. Sie sehen daraus, welches gigantische
industrielle Wachstum aus dieser
Informationsgesellschaft, aus den
Information-Superhighways, resultieren wird.
In Österreich haben
wir nicht nur die Fertigstellung des
Glasfasernetzes, die Fertigstellung des Metropolitan
Area Networks, die Fertigstellung des Local Loops, -
wir haben zwei Loops in Wien, die bereits im 120
Megabit Bereich übertragen (vor kurzem wurde der
erste ATM Knoten eröffnet) - durch welche wir über
den internationalen Anschluß an die
Hochleistungsnetze verfügen. Bereits etwa 70% aller
Anschlüsse im normalen Fernsprechnetz sind in
Digitaltechnik vorhanden. Wir haben bereits einen
Übertragungsmodus auf Euro-ISDN geschaffen und wir
sind ebenso an das TEL, an das europäische
Glasfasernetz, mit angeschlossen. Wir haben konkrete
Pläne, die Digitalisierung bis zum Jahr 1997
abzuschließen. Wir haben also vor, gemeinsam mit den
anderen europäischen Gesellschaften die
Hardwarevoraussetzungen für die Information Highways
möglichst schnell mit forciertem Investment
anzubieten.
Ich halte es noch
für notwendig, und ich sage das mit allem Nachdruck,
daß wir zur Stärkung der Entwicklung auf diesem
Gebiet bestehende Monopolsituationen beseitigen, das
heißt nicht nur, wie es für das Jahr 1995 bereits in
Bearbeitung ist, einen Wettbewerb im
Mobilfunkbereich einzurichten, sondern auch ab dem
1.1.1998 gemeinsam mit Europa auch hier in
Österreich das Monopol auf der Netzseite zu
beseitigen und einen Wettbewerb auch auf der
Netzseite zuzulassen. Dafür wird es wichtig sein,
daß wir die bestehenden Netzeigner zusammenbringen.
Und es gibt viele Netzeigner, z.B. die
Energieversorgungsgesellschaften besitzen Netze und
sehr einfache Möglichkeiten, diese rasch auszubauen,
z.B. in Leerrohre, die sie verlegt haben, oder an
Hochspannungsleitungen und ähnliches mehr. Die Bahn
hat eines der größten flächendeckenden Netze, nicht
nur in Österreich, auch in Deutschland und anderen
Ländern. In Österreich sind etwa eine Million
Haushalte durch die Telekabelgesellschaften
verkabelt; hier besteht ein riesiges Potential.
Unsere Aufgabe in
den nächsten Monaten wird es sein, zur
volkswirtschaftlichen Optimierung ein gemeinsames
Angebot dieser Netze zu erreichen, so daß nicht
gerade dort, wo eine Energiegesellschaft ein Kabel
hat, die Post eines parallel dazu vergräbt, sondern
wo wir, um möglichst rasch ein flächendeckendes
österreichweites Netz anbieten zu können, ein
Miteinander dieser Anbieter anstreben.
Ich möchte darauf
hinweisen, daß im Rahmen meines Ressorts und des
BIT, des Büros für internationale
Technologie-Kooperation, die Initiative National
Host auch in Österreich gegründet wurde.
National Host ist eine Vereinigung von
Forschungsinstituten, Industrieunternehmen, Medien,
aber auch z.B. meinem Ressort. Diese Initiative soll
sich der Pilot- und Forschungsprojekte auf dem
Gebiet der Telekommunikation sowie der Information
Highways annehmen. Diese Initiative wird auch der
Link zu den entsprechenden Stellen innerhalb der
europäischen Union sein. In Brüssel, wir sind dabei,
Forschungsprojekte im Rahmen des National Host bei
der Europäischen Union im Rahmen des IV.
Forschungsprogrammes, wo Telekommunikation und
Informationstechnologie nahezu ein Drittel des
gesamten Volumens ausmacht, einzubringen.
Ich fordere Sie
gemeinsam mit den österreichischen Unternehmen auf,
ich fordere die österreichischen
Software-Unternehmen, die österreichischen Institute
auf, hier Ideen einzubringen.Ich bitte
Sie deshalb so inständig, weil es mir darum geht, in
Pilotanwendungen sehr vorsichtig die
gesellschaftspolitischen Auswirkungen zu ertasten.
Es wurde daher vor
kurzem vereinbart, daß es mit Medien, einem
Industrieunternehmen und der Post einen Pilotversuch
"Video on Demand" geben wird. Wir werden zweitens
mit einer bundesländereigenen Telekabelgesellschaft
einen Versuch in Form von Teleshopping und Zugang zu
Infonetzen mit der Post gemeinsam durchführen. Wir
sind drittens dabei mit dem Land Oberösterreich und
der Post ein Backbone Network aufzubauen, das eine
Verbindungsmöglichkeit der Klein- und Mittelbetriebe
mit den Hochschulinstituten, den
Forschungsinstituten, den Zugang zu Daten- und
Informationsnetzen und ähnlichem besser gestalten
soll.
Wir sind weiters
dabei und bereit, uns gemeinsam mit der Stadt Wien
im Rahmen eines geplanten Technologiezentrums
Urbantechnologien, und in einem Forschungsprojekt
auch mit der Frage der Anwendung der modernen
Telekommunikation im Urbanbereich
auseinanderzusetzen.
Die Österreichische
Bundesregierung hat noch etwas getan: Sie hat
zusätzlich zu diesen technischen Versuchen eine
intern-ministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, in
der unter der Führung des Bundeskanzlers, des
Vizekanzlers, im Beisein meines Ressorts auch andere
Ressorts eingebunden sind, z.B. das
Unterrichtsressort, z.B. das Ressort für Gesundheit
und Konsumentenschutz, um eben die politischen
Rahmenbedingungen für diese neuen spannenden
Anwendungen des Global Village, die sie hoffentlich
nicht nur bald in Orlando oder in Stuttgart, sondern
auch in Wien sehen können, zu finden - politische
Rahmenbedingungen, die notwendig sind: Wie ist
beispielsweise die Frage des Konsumentenschutzes bei
Teleshopping zu regeln? Wie ist die Frage des
Arbeitsrechtes bei Teleworking zu regeln? Wie ist
die Frage des Datenschutzes zu regeln, wenn wir z.B.
an große Datenbanken im Gesundheitsbereich denken,
wo innerhalb der Vereinigten Staaten Milliarden
Dollar Einsparungsmöglichkeiten errechnet werden,
wenn es gelingt, z.B. nur die Befunde für jeden Arzt
zentral abrufbar zugänglich zu machen? Hier wird die
Frage des Datenschutzes natürlich ein massives Thema
darstellen.
Eine Menge von
gesellschaftspolitischen Fragen, mit denen wir uns
auseinanderzusetzen haben und zu denen wir die
rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen wollen und
werden.
An die Vertreter
von Unternehmen und jene der Europäischen Union habe
ich eine dringende Bitte: Machen wir nicht den
Fehler, den wir in großen Bereichen der Industrie
sonstwo gemacht haben, z.B. im Bereich der
Verkehrswirtschaft, daß wir in Europa sehenden Auges
protektionistisch begründet Inkompatibilitäten
schaffen, daß wir es nicht schaffen, gemeinsame
Standards, gemeinsame Normen für Protokolle, für die
Technik auszuarbeiten, so daß der gemeinsame Verbund
und damit der Nutzen in Europa unmöglich wird. Ich
denke an das Beispiel Euro-ISDN - welche
Schwierigkeiten beispielsweise Deutschland derzeit
bei der Umstellung hat. Ich denke an das Beispiel,
daß wir schon ein länderübergreifendes
Verkehrssicherheits- und Informationsnetz anbieten
könnten. Es gibt ein Netz im Norden Europas, ein
Netz in Frankreich, und die sind natürlich
inkompatibel.
Ich möchte Sie
nochmals ersuchen - und ich betone das durchaus als
Egoist - beschäftigen Sie sich mit den konkreten
Anwendungen und denken Sie auch an das, was mein
lieber Freund Hannes Swoboda angedeutet hat. Denken
Sie auch über die gesellschaftspolitischen
Auswirkungen und über die aus Ihrer Sicht nötigen
Rahmenbedingungen nach und geben Sie das dem
Technikfreak und Politiker Viktor Klima mit.
Herzlichen Dank !
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